Schmaus beim Schmaus

Der Abend begann fulminant. Kurz zuvor hatten wir noch im Erdgeschoß der mittelalterlichen Patrizierburg vor freundlichen Damen stolz mit unseren Corona-Apps gewedelt. Dann vorschriftmäßig maskiert den Fahrstuhl in den 4. Stock genommen, mitfahrende Genußkollegen*innen mit Fäusten und Augenzwinkern begrüßt, im Freien auf der Dachterrasse des STORSTAD gierig die frische Abendluft eingesogen. Und plötzlich war alles anders. Vor der Kulisse des Regensburger Doms machte sich Erleichterung breit. Im Gewusel des noch ungewohnt geselligen Miteinanders servierten geübte Servicemitarbeiter*innen ein schäumendes Meisterwerk in Form eines 2012er Chardonnays vom Sekthaus Raumland zu den delikaten Amuse-Bouches. Ein erstes Ausrufzeichen war gesetzt.

Bild u. Titelbild Michael Krug Photographie

Anton Schmaus ist schon lange kein Unbekannter mehr. Sternekoch in seinem schwedisch angehauchten Storstad über den Dächern von Regensburg, ein Weltenbummler mit weiteren gastronomischen Fußabdrücken in der Stadt, Koch der Fußball-Nationalmannschaft, auch medial omnipräsent … soweit die Fakten in Holzschnitt-artiger Zusammenfassung. 

Hätte jemand erwartet, der Abend würde in gewohnter High Class – Routine über die Bühne gehen, hätte er sich getäuscht. Was Anton und seine Frau Anna an diesem Abend ablieferten, war nichts weniger als ein gastronomisches Feuerwerk. 

Den kulinarischen Reigen eröffnete eine gebeizte Gelbschwanzmakrele, gewürzt mit einem ungewöhnlichen Mix aus Stachelbeere, Sesam, Holunder und Koriander. Dazu kredenzte uns das Haus einen fein ziselierten 2016er Halgans Riesling von Schönleber aus der Nahe. Dann gab der ebenfalls besternte Sushimeister von der Hausbar nebenan, Atsushi Sugimoto,  mit einer sorgfältig zubereiteten Königskrabbe eine Kostprobe seines Könnens. Damit nicht genug. Die kulinarische Fabulierlust setzte sich fort mit einem Heilbutt, begleitet von Chorizo, Tomate und Tamarinde. Der Wein dazu: Eine Cuvée aus Weißburgunder und Chardonnay von Bernhard Huber aus Baden. Spätestens jetzt kommt das subtile Gespür der Sommelière, Anna Rupprecht, ins Spiel. Die leicht oxidative Note des Weines harmonierte hervorragend mit der Würze des Gerichts.  Ich war begeistert, wenngleich der Wein wegen seines ungewöhnlichen Charakters nicht bei allen Mitgliedern auf  Beifall stieß. „Man muß sich was trauen. Weiter so Anna!“ möchte man ihr zurufen.  Der nächste Gang: Wagyu mit Steinpilzen und Wintertrüffeln. Auch hier eine großartige Harmonie zwischen Teller und Glas (Pinot Noir vom Johanneshof Rheinisch). Ein leichtes Dessert von Zwetschge, Ingwer und weißer Schokolade setzte einen feinsüßen Akkord hinter den grandiosen Schmaus.

Georg Graf von Walderdorff und  Dr. Candida Nahr würdigten die gastronomische Leistung ausgiebig in Menübesprechung und Mitarbeiterehrung. Immer wieder unterbrach frenetischer Beifall ihre Laudationen. Was die Küche um Anton Schmaus und Chefkoch Josef Weig und der Service um Anna Schmaus an diesem Abend geleistet haben, ist auch aller Ehren wert.

Schon immer war es ein Vergnügen, Gast im Storstad zu sein. Aber heute beschleicht mich so ein Gefühl: Dort kehrt niemals Routine ein. Von Mal zu Mal wird ´s eine Spur raffinierter, edler, stimmiger. Da ist eine Entwicklung zu erkennen. Mein persönliches Fazit im überkommenen Michelin-Jargon: Zwei Sterne plus.

Bild: Richard Lerch

Wieder an der frischen Luft, rieb ich mir verwundert die Augen. Was war das denn heute?                   Einfach GROSSES KINO unter dem wolkenverhangenen Himmel von Regensburg.

Bericht: Anton Röhrl, Vice Chancelier