Sturm beim Sturm
Ein Abend in der Ritterschänke Burg Randeck
Der demographische Faktor hat wohl schon vor langer Zeit den Raubrittern auf der Burg Randeck den Garaus gemacht. So konnten die Rôtisseur*innen der Chaîne unbedrängt und unbeschadet deren verbliebene Schänke hoch über dem Altmühltal erreichen. Ein stürmischer Wind allerdings umtoste gerade die Terrasse, von der aus man zu gemütlicherer Jahreszeit einen phantastischen Blick auf die Waldeshöhen gegenüber genießen kann.
So suchte die erwartungsvolle Gemeinschaft rasch Zuflucht im Inneren. Vorbei an der Drohkulisse einer vergessenen Ritterrüstung und der steinernen Fassade der Getränketheke öffnete sich unser Gastraum, dessen Tische, auffallend einladend und mit Gespür für Dezenz geschmückt, einen ersten Eindruck vermittelten.
Zwei Generationen Familie Sturm begrüßten uns mit aller abrufbaren gastronomischen Herzlichkeit. Derweil hatte sich Kayetan Meissner, der Ehemann von Wirtstochter Johanna Sturm, den diese bei gemeinsamer Arbeit in Südafrika kennengelernt hatte, schon hinter einer Sektbar positioniert und schenkte einen wohlschmeckenden Colmant Cap Classique Brut Reserve mit feiner Perlage ins Glas – als alkoholfreie Alternative dazu, für den noch fastenden Teil der Gesellschaft einen Litschi/Kardamom/Lassi – Cocktail. Überhaupt sei hier schon mal erwähnt und hervorgehoben, daß der nicht-alkoholische Part der Getränkebegleitung mit mindestens genauso viel Liebe und Sachverstand zusammengestellt war, wie dessen önophiles Gegenstück.
Am Tisch setzte sich die eigenständige Struktur des Dargebotenen fort: Eine überaus kompetente Regionalküche, begleitet von einer qualitätsvollen Auswahl südafrikanischer Weine. Den Auftakt bildete ein dahinschmelzender Kalbskopf mit sämiger Kapernmayonnaise, der aus seiner knusprigen Teighülle den Weg ins Freie suchte. Dann ein dekorativer Salatsaum auf geschmackvoller Keramik, punktiert mit hausgemachtem Hirschschinken und Preiselbeeren. Es folgte eine Saiblings-Variation in drei Komponenten, deren lukullische Gemeinsamkeit im quellfrischen Fischaroma einen wunderbaren Bogen spannte. Höhepunkt das Trio vom Altmühltaler Weidelamm, das für unsere Augen noch einmal auf einer grünen Wiese aus Erbsenvariationen weiden durfte. Zum Abschluß war ein einfacher Apfelstrudel angekündigt, der sich letztlich auf dem Teller in einer beeindruckenden Variante präsentierte.
In der abschließenden Menübesprechung, die dem Autor dieses Artikels aufgetragen war, fand die großartige gastronomische Gesamtleistung, inklusive des aufmerksamen Services, lobende Erwähnung. Nicht hoch genug einzuschätzen vor dem allgemeinen Hintergrund ist die Tatsache, daß es sich hier um einen Familienbetrieb in der 4. Generation mit gesicherter Zukunft handelt und daß dieses Haus zum Urgestein unserer Bailliage zählt. Der Applaus der Rôtisseur*innen bestätigte das Versprechen der Einladung: Ein kulinarischer Sturm beim Sturm.
Bericht: Anton Röhrl
Fotos: Gabi Röhrl